Wenn Menschen über das Elternsein sprechen, ist viel davon die Rede, wo die/der Einzelne bleibt zwischen Windeln, Einschlafbegleitung und Erwerbsarbeit. Eine bekannte Frage, die meist aufkommt: „Wo ist das ICH in all dem WIR?“. Dabei gibt es noch etwas, das ziemlich hinten runterfallen kann, sobald wir Kinder bekommen: das KLEINE WIR, also die Paarbeziehung. Die Geburt eines Kindes wirkt sich nicht nur massiv auf uns als einzelne Person aus, sondern auch auf unsere Partnerschaft. Eltern sein, Paar bleiben – das ist eine Herausforderung.

Das muss nicht automatisch negativ behaftet sein, hat aber in vielen Fällen negative Auswirkungen:

  • Paare, die sich aus den Augen verlieren, die nicht mehr miteinander sprechen, und wenn nur noch über das Kind.
  • Paare, die keinen oder deutlich weniger Sex haben als früher. Paare, die keine gemeinsamen Ziele (mehr) haben.

Es mag Paare geben, die damit zufrieden sind, aber um die geht es hier nicht. Hier geht es um diejenigen unter Euch, die manchmal Angst haben, dass diese Partnerschaft immer mehr zu einem Ritt auf der Rasierklinge wird.

Natürlich hört man oft so gut gemeinte Ratschläge wie: „Sucht Euch einen Babysitter und geht regelmäßig aus!“ oder „Fahrt doch mal ein paar Tage weg! Die Großeltern kümmern sich schon!“ oder „Ihr braucht ein gemeinsames Hobby!“.

Wenn es so denkbar einfach ist, warum „scheitern“ dann so viele von uns daran? Und ist es wirklich das, was Paare brauchen: exklusive Zeit zu Zweit?

Hier ein kurzer Überblick, was Dich in diesem Beitrag erwartet:

💗 Teil 1 – Und plötzlich seid Ihr zu Dritt (oder mehr)…

💗 Teil 2 – „Das kleine WIR möchte abgeholt werden!“

💗 Teil 3 –  4 Impulse für Eure Partnerschaft

Ich möchte Euch mitnehmen und schauen, wo genau uns das KLEINE WIR weggelaufen ist. Vielleicht hat es auch Angst oder ist verunsichert. Ich bin sicher: irgendwo hat es sich versteckt und wartet auf uns. Kommt mit und sucht es mit mir.

 

Und plötzlich seid Ihr zu Dritt (oder mehr)…

Nächte haben wir uns um die Ohren geschlagen, ganze Wochenenden durchgemacht: mein Mann und ich an der Konsole. Kennen gelernt haben wir uns in der Arbeit, lieben gelernt in World of Warcraft. Später kamen dann noch andere Spiele dazu. Was für die Einen regelmäßige Restaurantbesuche sind, waren für uns Dungeons und Endgegner.

Das Ganze ist jetzt gut 6 Jahre her, dann kam unser erstes Kind, 3 Jahre später folgte das zweite Kind. Seitdem kommen wir nicht mal in Summe auf ein Wochenende Konsole. Eine gemeinsame Leidenschaft war weg, als wäre sie nie da gewesen. Konsole anmachen, wenn das Kind schläft, ist eigentlich kein wahnsinnig großer Akt, könnte man meinen. Gleichzeitig ist das nix, was man mal eben 30 Minuten macht, bevor das Kind zum nächsten Stillen, Einschlafbegleiten oder sonst was kommt. 

Gleiches gilt für Restaurantbesuche oder Kurzurlaube oder gemeinsame Sportaktivitäten – unterm Strich wahnsinnig aufwändig zu organisieren, da nur mit Babysitter möglich und dann kurz vorher auf der Streichliste, weil sich das Kind noch schnell Hand-Mund-Fuß aus der Kita mitgebracht hat oder so ganz grundsätzlich was gegen Fremdbetreuung jeglicher Art hat. 

Machen wir uns nichts vor: wir haben mit vielem gerechnet als klar war, dass unser WIR in ca. 10 Monaten noch größer werden wird – mit viel Liebe und Kuscheln genauso wie mit schlaflosen Nächten und zahnenden Babys. Waren wir naiv? Nein, ich denke nicht. Für das Naivitäts-Argument waren – zumindest mein Mann und ich – schon viel zu alt. 

Aber was ist es dann? Was hat dazu geführt, dass nach vielen Monaten oder sogar Jahren das KLEINE WIR gefühlt nicht mehr vorhanden ist? Oder ist es noch da und hat es sich vielleicht verändert, so wie wir uns verändert haben? Das schauen wir uns im nächsten Teil an.

 

„Das KLEINE WIR möchte abgeholt werden!“

„Achtung, eine wichtige Durchsage: das KLEINE WIR möchte abgeholt werden!“

Wir schrecken hoch, drehen uns zu allen Seiten um und es fällt uns wie Schuppen von den Augen: unser KLEINES WIR ist weg.

„War es nicht zuletzt bei dir?“ sage ich zu meinem Mann, etwas zu vorwurfsvoll.

Er zuckt mit den Schultern und antwortet: „Ich bin nicht allein dafür verantwortlich. Das funktioniert nur zusammen.“

Mist. Wie er recht er doch hat. Da haben wir es über viele Jahre gehegt und gepflegt. Wie konnten wir es nur so aus den Augen verlieren?

Es scheint, als könne mein Mann meine Gedanken lesen: „Mach Dir keine Vorwürfe. Du weißt genauso gut wie ich, dass was Anderes wichtiger war und unsere volle Aufmerksamkeit brauchte.“

„Ja, stimmt schon. Trotzdem wären ein paar mehr Restaurantbesuche als 0 drin gewesen oder mal ein Film im Kino…“. Ich mache mir immer noch Vorwürfe.

Mein Mann nimmt mich in den Arm: „Darauf kommt es nicht an.“

„Worauf denn dann?“ Ich verstehe nicht so recht, worauf er hinaus will.

„Es kommt darauf an, dass wir eine Basis haben, die all das hier möglich macht. Die uns Zeiten aushalten lässt, die wahnsinnig schwer sind. Wenn wir krank und müde sind und trotzdem soviel Normalität wie möglich wollen.“

Ich denke nach… Er hat recht. Da ist soviel mehr, was über Restaurantbesuche und Kinofilme hinausgeht. Wir verbringen viel Zeit zusammen, wenn auch viel Alltag dabei ist; wir haben eine Verbindung und immer noch Grenzen, die wir gegenseitig nicht überschreiten: wenn wir streiten, brüllen wir uns nicht an und wir werfen uns auch keine Schimpfwörter an den Kopf. Und meist dauert es nicht lange, bis einer von uns den ersten Schritt macht und erklärt, was so in ihm los war.

„Weißt Du, was ich meine?“ fragt mich mein Mann.

Ich nicke und sage: „Komm, holen wir unser KLEINES WIR. Es wartet auf uns.“

 

4 Impulse für Eure Partnerschaft

Machen wir uns nichts vor: Eltern sein ist eine große Aufgabe, die viel Zeit beansprucht und uns immer wieder aufs Neue herausfordert. Plötzlich kommt zu all den Rollen, die wir tagtäglich inne haben, noch eine weitere hinzu. Und ich glaube, niemand von uns kann sagen, ihr/ihm war das ganze Ausmaß vorher bewusst. 

Klingt zu negativ? Vielleicht.

„Aber Kinder zu haben ist doch was ganz Wundervolles!“ höre ich einige von Euch sagen. Sicherlich ist es das.

Gleichzeitig dürfen wir uns auch erlauben zuzugeben, dass Eltern zu sein anstrengend ist, mit viel Unsicherheit verbunden und beim Paar bleiben Spuren hinterlässt. Und genau deshalb ist es so wichtig, dass dieses KLEINE WIR auch gesehen wird. Wir brauchen es in unserem Familienalltag, denn es kann eine wichtige Ressource für uns sein.

Wie das bei Euch konkret aussieht, das könnt Ihr nur selbst beantworten. Natürlich kann ich sagen: Geht regelmäßig zu zweit Essen, macht 1x im Jahr Pärchenurlaub – dann klappt das mit dem Paar bleiben! usw. Wirklich viel wird Euch das nicht bringen, denn die meisten von Euch kennen diese Standardtipps. 

Stattdessen möchte ich Euch folgende 4 Impulsfragen zum Thema Paar bleiben mit auf den Weg geben, die Ihr am besten zusammen mit Eurer Partnerin/Eurem Partner anschaut:

  • Wann habt Ihr zum letzten Mal eine ganz tiefe Verbundenheit gespürt? Wie hat sich das genau angefühlt, wo im Körper spürt Ihr sie?
  • Auf einer Skala von 1 bis 10 (1= sehr schwach, 10= sehr stark): Wie stark spürt Ihr diese Verbundenheit aktuell im Alltag?
  • Stellt Euch Eure Verbundenheit als einen großen Tank vor: Womit lässt er sich gut auffüllen (Gesten, Worte, Gespräche, Aktivitäten,…)?
  • Für die nächsten 3-4 Wochen: womit werdet Ihr diesen Tank konkret füllen? Was nehmt Ihr Euch vor?

Gerade bei der letzten Frage geht es nicht um große Aktionen, sondern vielmehr darum, kleine Schritte zu gehen, die dafür regelmäßig. (Wir Eltern sind nämlich auch immer noch müde, wie du hier lesen kannst: Wir sind müde! – Wenn Elternschaft Eltern schafft.)

💗 Ich wünsche Euch viel Freude damit! 💗

 

Da ich mich immer über Impulse und Austausch freue, würde mich interessieren, welche Erfahrungen Du bisher zu dem Thema Eltern sein, Paar bleiben gemacht hast. Wie gehst Du damit um?

Ich freue mich über einen Kommentar oder eine Nachricht von Dir.

Bleibt rosa.
Eure Ramona