• Erst kürzlich sagte eine Klientin im Coaching zu mir, dass die Geburt ihrer Tochter leider sehr schlecht verlief und sie glaubt, dadurch keine gute Bindung zu ihr zu haben.

Ich muss ehrlich sagen, dass mich diese Aussage tief bewegt hat, denn da saß mir eine Frau gegenüber, die seit vielen Jahren der Meinung ist, dass ein negatives Geburtserlebnis eine gute Bindung zu ihrer Tochter unmöglich gemacht hat. Und sie war offensichtlich sehr traurig darüber.

Die Frage, die sich mir stellt: Wie kommt ein Mensch dazu, das zu glauben? Und die Antwort ist leider recht einfach: in unserer Gesellschaft herrscht noch sehr stark das Bild vor, wie eine optimale bis traumhafte Geburt auszusehen hat und dass man dafür einiges bis alles tun kann also selber in der Hand hat. Gepaart mit der Information, dass die Geburt bzw. die ersten Momente danach DER Bindungsbooster schlechthin sind. 

Das mag etwas überzeichnet wirken. Gleichzeitig habe ich so einen Satz nicht zum ersten Mal gehört. Mir begegnen immer wieder Mütter, die mit ihrer Geburtserfahrung hadern, weil diese angeblich nicht maximal bindungsfördernd war. Oder die sich später Sorgen machen, weil sie zu oft mit ihrem Kind geschimpft haben und das sicher die Bindung zu ihrem Kind geschädigt hat…

Um die Geburt soll es hier nicht gehen, das ist ein eigenes Thema. Später mal. Worum es mir geht, ist das Thema Bindung und einige Mythen, die sich darum ranken und letzten Endes dazu führen, dass wir – mal wieder – mit schlechtem Gewissen und Selbstvorwürfen durch die Gegend laufen.

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Hier ein kurzer Überblick, was dich zum Thema BINDUNG erwartet:

  • Was ist Bindung?
  • Welche Bedeutung hat sie?
  • Was BRAUCHT Bindung?

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Ich räume mal ein bisschen auf mit ein paar Mythen und dem schlechten Gewissen stellen wir etwas mehr Gelassenheit zur Seite. Ich freue mich, wenn du mit dabei bist.

 

Was ist Bindung?

Bei Bindung geht es um die Beziehung zwischen einem Kind und seiner Bezugsperson. Das sind in der Regel die Eltern, aber auch nicht ausschließlich. Es gibt Konstellationen, in der die primäre Bezugsperson weder Mutter noch Vater ist, weil – aus welchen Gründen auch immer – nicht verfügbar.

Bindung ist wie ein Band, das geknüpft und im Laufe der Zeit immer stärker wird. Ein Kind sucht die Nähe zur Bezugsperson, es sucht Schutz, Nahrung, Geborgenheit. Im Falle einer Trennung reagiert es mit Weinen – je kleiner das Kind umso häufiger. Abhängig von dem, wie die Bezugsperson auf diese Bedürfnisse reagiert, entwickelt sich ein sog. Bindungsverhalten bzw. ein Bindungstyp. 

Dazu gibt es sehr viel Theorie, die ich hier vermeide, ansonsten besteht die Gefahr, dass wir auf Basis von wenigen Informationen versuchen unsere Kinder in Schubladen stecken, auf denen ein Bindungstyp steht. Mit dem Ergebnis, dass wir weiter nicht viel damit anfangen können und vermutlich verunsichert bis frustriert sind. Ich werde dazu in einem separaten Beitrag eingehen und diesen dann hier verlinken.

 

Welche Bedeutung hat Bindung?

Bindung ist eine wichtige Basis dafür, 

▪️wie wir mit uns und unserer Umwelt umgehen, 

▪️wie wir auf andere Menschen zugehen, 

▪️was Veränderungen bei uns auslösen,

▪️welches (Selbst-)Vertrauen wir haben.

Wann ist sie eigentlich abgeschlossen? Nie. Denn Bindung ist kein statischer Prozess in X Schritten, an dessen Ende ein grünes oder rotes Lämpchen aufleuchtet. Die Beziehung zwischen einem Kind und seinen Bezugspersonen entwickelt sich weiter zu einer fortdauernden gefühlsmäßigen Bindung. 

Vielleicht hast du ja als Erwachsene:r in einer emotionalen Situation mal deine Mutter oder deinen Vater angerufen, weil du Rat und Trost gebraucht hast. In dem Moment machen wir nichts anderes als die VerBINDUNG zu unserem sicheren Hafen herzustellen.

 

Was BRAUCHT Bindung?

Bindung folgt nicht nach einem einfachen Prinzip wie „Ich kippe X rein und Y kommt dabei raus.“. Oft ist ja die Rede vom sog. Bindungstank, den man als Eltern AUFfüllt, indem wir möglichst viele Bedürfnisse unseres Kindes ERfüllen. 

Ja, das ist ein schönes greifbares Bild, diese Vorstellung, dass mein Kind sich auftankt. Nur funktioniert das nicht so einfach, denn zwischenmenschliche Beziehungen sind viel komplexer. Zudem lässt uns dieses Bild glauben, dass der Tank irgendwann voll ist und wir nichts mehr oder nur wenig tun müssen.

In der Realität fragen wir uns aber dann doch immer wieder mal: „Himmel, wann ist dieses Kind endlich mal zufrieden!? Ich erfülle doch schon jedes Bedürfnis, aber es scheint immer noch nicht zu reichen.“. Das Ergebnis: Wir denken oder sagen vielleicht sogar „Jetzt reicht es aber auch mal. Es ist genug!!“

Ich möchte uns gerne einen anderen Weg zeigen, den wir als Eltern beschreiten können. Schauen wir doch einfach mal, was Bindung wirklich braucht.

In meiner Wahrnehmung gibt es 3 wesentliche Faktoren:

  • Bindung braucht VERBINDUNG. Zuerst muss ich einen Kontakt herstellen, ansonsten passiert relativ wenig. Merken wir dann, wenn wir unserem Kind, das im Kinderzimmer spielt, auf dem Weg von der Küche ins Badezimmer zurufen, dass es sich bitte anziehen soll. 
  • Bindung braucht BEZIEHUNG. Wenn ich eine Verbindung hergestellt habe, kann ich eine Beziehung aufbauen und pflegen. Und das auf ganz vielfältige Weise: Gespräche, gemeinsame Aktivitäten, das Begleiten von Gefühlsstürmen…
  • Bindung braucht ZEIT. Die Beziehung zwischen Eltern und Kind besteht ein ganzes Leben lang, sie ist nicht wirklich aufkündbar. Für diese Beziehung haben und brauchen wir Zeit. Dabei geht es nicht um die Menge, sondern vielmehr um die Qualität der gemeinsamen Zeit.

Verbindung, Beziehung und Zeit – diese 3 Faktoren gehören unweigerlich zusammen und sind nicht wirklich voneinander zu trennen. Wenn ich an einem Faden ziehe, dann wirkt sich das auf die anderen aus. Vielleicht fangen wir einfach damit an, uns öfter zu VERBINDEN. Und zwar nicht nur mit unseren Kindern oder mit unserem Partner, sondern auch mit uns selbst.

 

Da ich mich immer über Impulse und Austausch freue, würde mich interessieren, welche Erfahrungen Du bisher zu dem Thema gemacht hast. Wie gehst Du damit um?

Ich freue mich über einen Kommentar oder eine Nachricht von Dir.

Bleibt rosa.
Eure Ramona