Das Wort Ressourcen kommt uns eher in den Sinn, wenn wir z.B. an unseren Planeten denken. Welche Ressourcen sind vorhanden? Welche davon nutzen wir? Und ist unser Umgang mit diesen Ressourcen gut? Diese und andere Fragen werden wir uns im Folgenden ganz konkret für den Bereich Elternschaft und Familie anschauen, weil wir das in meiner Wahrnehmung noch viel zu wenig tun.
Und falls das jetzt klingt wie das nächste lästige Todo auf deiner nicht enden wollenden Liste: das soll es nicht sein. Auch hier gilt wie immer: nimm mit, was dir gut tut und was für dich stimmig ist, und lass liegen, was du gerade nicht brauchen kannst. Damit tust du nämlich genau das, was ich dir mit diesem Beitrag auf den Weg geben mag: deine Ressourcen schonen.
Falls du den Beitrag lieber hören statt lesen willst, dann höre dir die Podcastfolge „Ressourcen im Familienalltag: Welche gibt es und wie können wir sie (wieder) aufbauen?“ an:
Was sind Ressourcen? Und wofür sind sie da?
Wenn wir uns einfach mal im Duden umschauen, wie dort das Wort Ressourcen beschrieben ist, finden wir folgende Definition: „natürlich vorhandener Bestand von etwas, was für einen bestimmten Zweck (ständig) benötigt wird“. Der Duden erläutert auch noch diesen bestimmten Zweck und schreibt dazu „besonders zur Ernährung der Menschen und zur wirtschaftlichen Produktion“.
Jetzt stellst du dir vielleicht die Frage: Und was hat das mit diesem Beitrag hier zu tun? Schließlich geht es hier nicht um eine Ernährungsberatung. Und ja, das ist völlig korrekt. Aber ich möchte dich dazu einladen, den Ernährungsbegriff an der Stelle weiter fassen. Ernährung ist in meiner Wahrnehmung etwas, das uns nährt, das uns stärkt, das uns KRAFT gibt.
Und damit sind wir nämlich schon bei EINER ganz konkreten persönlichen Ressource: der Kraft. Ich habe letzte Woche in meinen Instagram Stories meine Follower:innen gefragt, was ihnen grad für ihr Elternsein fehlt und bekam unter anderem folgende Antwort: „Kraft oder Energie für mich was einzufordern“. Diese Antwort kam sehr sehr oft, was einfach deutlich zeigt, dass Kraft bzw. Energie eine sehr zentrale Ressource ist, die in vielen Familien schlicht fehlt oder einfach nicht mehr viel vorhanden ist.
Ich weiß nicht, wie es dir geht, in welcher Lebensrealität du gerade bist. Aber ich für mich kann sagen, dass die letzten 3 Jahre sehr herausfordernd waren. Ich bin jetzt 42 und zu Beginn der Pandemie waren meine Kinder 1,5 und 4,5 Jahre alt. Wir müssen uns alle nix vormachen: die Zeit mit kleinen Kindern ist wunderbar und gleichzeitig auch unglaublich anstrengend. Das darf, kann und soll auch parallel so stehen bleiben.
Wir brauchen viel KRAFT, um kleine Menschen in ihrer Entwicklung zu begleiten. Gerade dann, wenn die Rahmenbedingungen so irre sind, wie das in den letzten Jahren der Fall ist. Und ja, das Wort IRRE trifft es für mich wirklich, denn ich weigere mich vehement, das als „neues Normal“, wie es so schön heißt, einfach zu akzeptieren. Das sind KEINE normalen im Sinne von adäquaten Rahmenbedingungen für Familien. Denn neben all unseren Careaufgaben ist da ja auch noch unser Job. Auch für den brauchen wir KRAFT. Wir möchten und/oder müssen arbeiten, weil wir Geld brauchen. Und die meisten wollen ihren Job auch gut machen, weil er ihnen Spaß macht, weil sie ihn nicht verlieren wollen.
Wenn wir mit den irren Rahmenbedingungen umgehen wollen, dann kostet uns das ZUSÄTZLICH Kraft, die wir EIGENTLICH an anderer Stelle benötigen – bei den Kindern, beim Job. Und damit sind wir beim Zweck, der in der Definition im Duden genannt wird. Und Ressourcen sind nicht unendlich verfügbar. Das ist keine Quelle, aus der wir immer weiter schöpfen können. Besonders deutlich und greifbar wird das, wenn wir uns unseren Planeten anschauen. Irgendwann findet ein Raubbau statt, dessen Folgen auch nicht mehr abgewendet werden können, aber dazu kommen wir später noch.
Halten wir fest: Wir Eltern brauchen bestimmte Ressourcen, um bestimmte Aufgaben erledigen zu können. Das sind natürlich unsere Aufgaben als Eltern und betreffen die Versorgung, Betreuung und Begleitung unserer Kinder. Aber das sind auch Aufgaben, die wir als natürliche Personen haben, also dann, wenn wir gerade nicht in der Elternrolle sind, wie z.B. unsere Arbeit zu erledigen oder auch unsere Freundschaften zu pflegen.
Denn – und das ist ganz wichtig – auch die einfachsten und schönsten Dinge BRAUCHEN Ressourcen. Wenn ich mich mit meiner Freundin zum Kaffee treffe, kann ich in der Zeit nicht arbeiten, nicht mit meinem Kind spielen (außer sie bringt ihr Kind auch mit) und nicht die Wäsche machen. Und du merkst es vielleicht schon: hier hebt die nächste Ressource ihre Hand und schnippt ganz ungeduldig, damit wir sie sehen: die Zeit.
Welche Ressourcen gibt es und wie verfügbar sind sie?
Dann schauen wir doch einfach mal, welche Ressourcen es theoretisch gibt und wie verfügbar sie sind. Wir hatten schon die Kraft.
Die Ressource Zeit.
Dann hat sich eben schon die Zeit gemeldet. Kraft und Zeit – das sind gleich zwei gute Beispiele, weil sie eines verdeutlichen: Ressourcen stehen nicht losgelöst nebeneinander, sondern hängen teilweise miteinander zusammen.
Ein Beispiel: wenn ich mehr Zeit habe, dann habe ich vermutlich auch mehr Kraft, weil ich einen Teil der Zeit nutzen kann, um mich um mich selbst zu kümmern. Ich kann dann vielleicht mehr schlafen oder Sport treiben oder mich um eine ausgewogene Ernährung kümmern. Ruhe, Bewegung, Ernährung – das sind ja alles Themen, die ganz schnell zu kurz kommen, wenn wir Kinder kriegen. Zumindest ich für mich kann das so festhalten. Das liegt schlicht daran, dass wir Zeit benötigen, damit wir uns um unsere Kinder kümmern können. Und die fehlt an anderer Stelle. Du erinnerst dich noch an den Zweck, für den eine Ressource eingesetzt wird?
Die Ressource Geld.
Ok, welche Ressourcen gibt es noch? Geld ist zum Beispiel eine wichtige Ressource. Mit Geld kaufen wir uns Dinge, notwendige bis völlig sinnlose Dinge. Was als notwendig und was als sinnlos bewertet wird, ist höchst individuell und darum soll es hier auch nicht gehen. Nehmen wir mal ein einfaches Beispiel, für das wir Geld ausgeben und auf das wir uns vermutlich alle einigen können: Lebensmittel, schließlich müssen wir essen und trinken. Wir kaufen Lebensmittel, die uns und unsere Kinder erNÄHREN, die uns also wieder Kraft geben und somit eine andere Ressource quasi auffüllen, zumindest teilweise. Damit wir dieses Geld haben, müssen wir allerdings arbeiten. Und ich hab vorhin ja schon gesagt: wenn wir arbeiten, kostet uns das Zeit.
An dem Punkt ein kleiner gedanklicher Impuls, den du mal mitnehmen kannst und der völlig unabhängig davon ist, ob du Kinder hast oder nicht. Wie viel Zeit und natürlich auch Kraft wenden wir auf, um durch Arbeit Geld zu verdienen, mit dem wir uns dann an anderer Stelle Kraft und Zeit vielleicht sogar richtig teuer erkaufen?
Die Ressource Gesundheit.
Schauen wir uns eine weitere Ressource an: die Gesundheit. Ja, die Kraft gehört da mit rein, sie ist quasi der körperliche Anteil unserer Gesundheit. Aber was natürlich auch eine Rolle spielt, ist die mentale Gesundheit. Wie stabil sind wir grad, wie gefestigt in Zeiten, in denen vieles eher instabil ist? Wie gut geht es uns wirklich, wenn wir ausreichend schlafen und uns bewegen oder sogar regelmäßig Sport treiben, aber mental erschöpft sind? Mental Load ist seit ein paar Jahren in aller Munde. Die mentale Last, die Eltern, überwiegend immer noch die Frauen, tagtäglich tragen und die sie manchmal schier erdrückt. Weil der Kopf nicht mehr zur Ruhe kommt, weil die Verantwortung, die mit all den Todos einhergeht, das Drumherum, für eine Person viel zu viel sind. Ja, wahrscheinlich sogar für zwei Personen, wenn wir ganz ehrlich sind.
Wir können für unsere mentale Gesundheit auch sorgen, indem wir uns gut um unseren Körper, also die Hülle, kümmern. Bewegung, Sport, Schlafen, ausgewogene Ernährung – all das tut uns gut, keine Frage. Wir lösen damit aber nicht den Kern des Problems, sondern sorgen nur dafür, dass wir das Problem besser aushalten können. Bis zu einem gewissen Grad geht das und ist hilfreich. Aber eben nur bis zu einem gewissen Grad.
Das bedeutet, dass wir uns auch um unsere mentale Gesundheit kümmern müssen und auch das kostet Zeit und je nachdem, was wir dafür konkret tun, auch Geld.
Fassen wir zusammen, über welche Ressourcen wir bisher gesprochen haben: Zeit, Geld und Gesundheit, wobei wir bei letzterer noch unterteilen in die physische Kraft und die mentale Kraft.
Was ist noch SCHON DA?
Das sind längst nicht alle, uns fallen meistens einfach nur die offensichtlichsten ein. Und das ist genau der Punkt, an dem ich im Coaching immer wieder ansetze, denn ein wirksames Coaching steht und fällt mit der Ressourcenarbeit. Wenn jemand zu mir ins Coaching mit einem Thema kommt, aber völlig erschöpft ist, dann ist das erste, was ich tue, an die VORHANDENEN Ressourcen anzuknüpfen und die zu stärken, bevor ich auch nur ansatzweise das Thema bearbeite. Andernfalls würde ich meine Klientin/meinen Klienten nur weiter in die Erschöpfung treiben.
Und eben fiel grad schon ein Wort, das mir sehr wichtig ist: die VORHANDENEN Ressourcen. Wir schauen so oft auf das, was nicht passt, was nicht reicht, was nicht gut genug ist. Wir wollen uns optimieren, verbessern etc. Daraus ist ein regelrechter Hype geworden, der leider auch durch sog. Life Coaches massiv befeuert wird. „Werde dein Higher Self“ heißt es da oder „Komm in deine Kraft!“ und ich kann da ehrlich gesagt nur mit dem Kopf schütteln.
Denn an dem Punkt, an dem wir irgendeine Form von Mangel feststellen, z.B. es mangelt grad an Kraft, wir aber den Blick richten auf eine maximal optimierte Version von uns, springen wir über diese – ich nenne sie mal – Kraftlücke ungesehen drüber. Ist ein bisschen so, als würdest du ans gegenüberliegende Ufer eines großen Sees schwimmen wollen, weil es da drüben so wunderschön aussieht, du stehst nur leider mit einer fetten Grippe an deinem Ufer und bist nicht fit genug, die Strecke schwimmend zu bewältigen. Wenn du jetzt reinspringst und los schwimmst, dann gehst du entweder unter oder kommst so dermaßen entkräftet an, dass du von all dem Schönen nix mehr hast.
Es lohnt sich also immer der Blick auf die VORHANDENEN Ressourcen zu werfen. Auf das, was schon DA ist. Und das ist jetzt eine perfekte Überleitung auf die persönlichen Ressourcen, die wir meistens komplett übersehen. Denn neben unserer Kraft haben wir nämlich bspw. auch ganz bestimmte Stärken und Talente. Ich nenne mal ein paar, damit du weißt, was ich damit meine:
- Vielleicht kannst du supergut organisieren und hast deshalb alle Termine und Todos gut sichtbar für alle in eurer Familie im Kalender eingetragen. Heißt nicht automatisch, dass du alles erledigst, aber die Planung liegt in deiner Hand.
- Oder du bist kommunikationsstark und kannst gut auch mal kritische Gespräche mit Erzieher:innnen und Lehrer:innen führen. Du kannst Gefühle benennen und deinem Kind Worte geben, wenn es einen Gefühlssturm hat.
- Oder du hast eine Leidenschaft für gutes Essen und kochst gerne, beziehst deine Kinder dabei mit ein und gibst ihnen all dein Wissen rund um eine ausgewogene Ernährung mit.
- Oder du bist in deinem Leben schon viel gereist und dadurch sehr offen anderen Menschen und Kulturen gegenüber. Das heißt, du gehst neugierig auf andere zu und gibst ihnen Raum.
- Oder du hast sehr viel Humor, der dich/euch auch durch vollgespuckte Nächte und ungeplante Kita-Schließzeiten trägt.
- Oder du bist kreativ und ermöglichst deinen Kindern dadurch einen weiteren Zugang zur äußeren aber auch zu ihrer inneren Welt, in dem ihr malt, bastelt, euch handwerklich betätigt oder was auch immer.
- Oder oder oder…
All das sind Ressourcen, die wir meist ganz beiläufig abtun mit „Naja, das ist ja nix Besonderes.“ oder „Das macht mir doch Spaß.“. Tja, aber seine Ressourcen zu nutzen darf auch Spaß machen. Ich hab bisher noch nirgendwo geschrieben gesehen, dass das nicht erlaubt wäre. Wenn du z.B. gerne Sport treibst, um körperlich fit zu sein – gerade der Alltag mit Kindern erfordert das ja immer wieder – dann würdest du das doch auch nicht abtun, oder?
Welchen WERT hat eine Ressource?
Und da sind wir an einem Knackpunkt: vieles bekommt für uns erst dann einen gewissen Wert, wenn es mit Anstrengung und/oder Leistung und/oder einem Preis verbunden ist. „Was nix kostet, ist nix wert“ ist so ein alter Spruch. Und diese Sicht macht leider auch vor unseren Ressourcen nicht halt. Das führt dann dazu, dass wir sie nicht sehen können bzw. geringer einschätzen als sie sind.
Dabei macht genau dieser Blick etwas mit uns: er nährt das Gefühl, dass wir gut genug sind, dass wir eigentlich schon sehr vieles von dem haben, was wir brauchen. Nicht immer und ständig, aber doch deutlich öfter als wir das vermuten würden. Dann müssen wir nicht ans andere Ufer schwimmen, wo vermeintlich alles schöner ist. Dann bleiben wir da, wo wir sind und nutzen bspw. unser Wissen um gesunde Ernährung, um uns gut durch diese Grippetage zu bringen, um bei dem Beispiel von vorhin zu bleiben.
Was passiert, wenn Ressourcen zur Neige gehen?
Das ist eine spannende Frage. Und die Antwort kann ganz schön kontextabhängig sein. Wie so oft. Machen wir ein kleines Gedankenspiel: ich stelle diese Frage in unterschiedlichen Varianten und mutmaße, was du mir vielleicht antworten würdet.
- Variante 1:
- „Was passiert, wenn das Wasser auf UNSEREM PLANETEN zur Neige geht?“
- Deine Antwort vielleicht: „Dann ist nicht mehr genug für alle da und wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir anders damit umgehen bzw. welche Alternativen wir perspektivisch finden können.“
- Variante 2:
- „Was passiert, wenn die Kraft DEINER BESTEN FREUNDIN/DEINES BESTEN FREUNDES zur Neige geht, weil die durchwachten Nächte nicht aufhören?“
- Deine Antwort vielleicht: „Dann sollte sie/er unbedingt Wege finden, den Schlaf tagsüber nachzuholen oder den Alltag so verändern, damit sie/er mehr Ruhephasen hat. Vielleicht kann ich sie/ihn dabei auch unterstützen und einmal die Woche das Kind nachmittags zum Spielen zu uns holen.“
- Variante 3:
- „Was passiert, wenn DEINE Geduld zur Neige geht, weil der Mental Load überhand nimmt?“
- Deine Antwort vermutlich: „Ja, das ist nicht gut, das weiß ich selber. Aber es hilft nix, es muss ja weiter laufen. Ich kann ja nicht ausfallen oder wegbrechen.“
Zugegeben, ich hab da jetzt sehr viel gemutmaßt und weiß natürlich nicht, ob du genau so antworten würdest. Aber vielleicht hattest du so ein kleines Gefühl davon ERTAPPT worden zu sein. Wir schauen auf andere, v.a. geliebte Menschen oft so viel milder als auf uns selbst. Wir werden richtiggehend großzügig und spendabel und geben sogar unsere eigenen Ressourcen noch mit rein, obwohl sie längst aufgebraucht sind. Denke an das Beispiel mit der Freundin/dem Freund, wo wir das Kind nachmittags zu uns holen würden.
Wir selbst jedoch, wir müssen weitermachen, wir können uns keine Pause gönnen, wir dürfen uns nicht beschweren, anderen geht es ja schließlich schlechter, wir müssen irgendwie an dieses Ziel kommen. Nur leider werden wir bei einem Marathon ohne Verpflegungsstation zwischendurch nicht ankommen – wie auch immer das individuelle Ziel lautet. Und da ist die nächste spannende Frage: Wo wollen wir eigentlich genau hin mit unserer Elternschaft? Was IST denn unser Ziel, für das wir uns so verausgaben? Wie lautet es konkret, wenn wir versuchen würden, es auszuformulieren?
Elternsein als Vision.
Im beruflichen Kontext ist es völlig normal, Visionen zu haben, einer Mission zu folgen. Da werden dann nach gefühlt 43 Abstimmungsrunden ganz wohlklingende Sätze formuliert, mal mit mehr, mal mit weniger Pathos. Alle nicken zustimmend und klopfen sich auf die Schulter. Jede/Jeder in der Firma weiß jetzt, worum es hier geht und warum sie/er da ist.
Aber hast du dir das schon mal für deine Elternschaft überlegt? Hast du dir Gedanken gemacht, worum es für dich genau geht und warum du all das tust, was du tust? Jeden einzelnen Tag. Keine Sorge, das ist keine Antwort, die du leicht finden wirst. Ok, es braucht keine 43 Abstimmungsrunden mit zig Leuten, aber ein griffiges Ziel herauszuarbeiten, dafür braucht es im Coaching schon auch mal 2-3 Sitzungen.
Eine Vision schont Ressourcen.
Du fragst dich vielleicht, was das jetzt mit deinen Ressourcen zu tun hat, v.a. wenn sie zur Neige gehen oder grad einen kritischen Füllstand aufweisen. Sehr vieles, denn wenn du weißt, wofür du tust, was du tust, dann weißt du auch, was du dafür brauchst und vor allem wie viel davon. Und was sich so hochtrabend und groß anhört, ist eigentlich ganz klein und greifbar, denn das wirkt sich unmittelbar im Alltag aus.
Mal ganz einfaches Beispiel aus dem Elternalltag: Es ist ein Fest im Kindergarten oder der Schule deines Kindes und du hast dich dafür eingetragen, einen Kuchen beizusteuern. Warum tust du das? Vielleicht, weil du gerne an einem sehr relevanten Lebensbereich deines Kindes teilhaben möchtest. Weil du weißt, wenn jede:r ein bisschen was übernimmt, dann ist die Last der Todos gut tragbar. So weit so gut. Ein Großteil von uns – und ich nehme mich da nicht aus – würde den Kuchen selbst backen. Selbst gebackener Kuchen ist lecker, da steckt Liebe drin. Moment, ging es bei unserem WARUM für dieses Fest um Liebe? Nö, eigentlich ging es um Teilhabe und/oder um eine adäquate Verteilung der Aufgaben.
Ich würde aber wetten, dass ein Großteil von diesem Großteil, der selber backt, immer noch ein Problem damit hätte, einen gekauften Kuchen mit zu bringen. Auch dann, wenn damit das eigentliche WARUM erfüllt wäre. Und an diesem Punkt schauen die wenigsten von uns drauf, was grad MACHBAR ist, also welche Ressourcen da sind. Habe ich noch genug Zeit, um den Kuchen selber zu backen? Und wenn ja, habe ich alle Zutaten da, die ich brauche? Und wenn da auch ja, bin ich nicht vielleicht doch zu müde dafür, noch zu backen, weil ich aller Wahrscheinlichkeit nach abends in der Küche stehen werde, was mir Zeit für Erholung nimmt? Wer noch nie todmüde Kuchen selbst gebacken hat, weil sie/er meint „Das muss ich jetzt noch schnell machen.“, der melde sich gerne bei mir. Ich hätte da ein paar Fragen.
Ums auf den Punkt zu bringen: wenn unsere Ressourcen, egal welche, zur Neige gehen, ist es hilfreich zu schauen, was denn eigentlich unser Ziel ist. Weil wir dann einen Anhaltspunkt dafür kriegen, welche Ressourcen wir wie einsetzen können, ohne sie zu verschwenden. Das geht im Großen, wenn wir an unsere Elternschaft denken, aber auch im ganz Kleinen, wenn wir an den Kuchen für das nächste Kita-/Schulfest denken.
Wie können wir unsere Ressourcen (wieder) aufbauen?
Wenn von Ressourcen gesprochen wird, dann wird ganz oft das Bild eines Tanks genutzt, ähnlich wie beim Bindungstank, der aufgefüllt werden muss und der für unsere Kinder ja in der Tat eine wichtige Ressource ist. Das Bild ist gut greifbar, aber mir persönlich doch zu starr und stark vereinfacht.
Ich würde sehr gerne einen anderen Gegenstand auf mein Bild malen und zwar eine Hängematte. Warum? Erstens, weil ich Hängematten LIEBE und zweitens, weil eine Hängematte ganz viele Eigenschaften hat, die sich schön mit dem Thema Ressourcen verbinden lassen.
Leg´ dich doch mal rein.
Wenn wir uns in eine Hängematte legen, dann spüren wir einen festen Stoff. Er trägt uns und wir können uns im wahrsten Sinne des Wortes fallen lassen ohne zu fallen. Das heißt, die Last, die wir durch unseren Körper vielleicht spüren, z.B. in Form von körperlichen Schmerzen oder in Form eines inneren Drucks, wird aufgefangen. Wir haben Halt, wir haben Orientierung.
Jetzt stell dir mal vor, du liegst in dieser großen Hängematte und der Stoff reicht sogar noch, um die Vorderseite deines Körpers zuzudecken, du kannst dich richtig schön einmuckeln. Dann wirst du nicht nur aufgefangen und getragen, sondern auch noch geschützt, umhüllt. Die Hängematte, das sind all unsere verfügbaren Ressourcen, sie werden dargestellt durch die Art des Stoffes, durch verschiedene Muster und Farben.
Mit der Zeit nutzt sich ein Teil des Stoffes vielleicht ab und wird immer dünner. Wenn du dich dann weiterhin in die Hängematte legst ohne irgendetwas anders zu machen, dann kann es passieren, dass der Stoff an der Stelle reißt. Heißt, die Ressource, die dort ist, ist aufgebraucht und nicht mehr verfügbar. Je nachdem, um welche Stelle der Hängematte, also um welche Ressource es sich handelt, fällst du komplett oder – und das ist erstmal wahrscheinlicher – du kommst ein bisschen ins Wanken.
Indem du komplett fällst, tust du dir vielleicht weh. An diesem Punkt hast du eine Grenze überschritten (also die Begrenzung durch den Stoff), die dir nicht gut tut. Fällst du nicht, sondern kommst nur ins Wanken, dann ist das Liegen auf der Hängematte nicht mehr so gemütlich wie vorher und du kannst dich nicht mehr so fallen lassen.
Was kannst du dann tun?
Du hast dann zwei Möglichkeiten – und da kommen wir zu der Frage, wie wir Ressourcen wieder aufbauen können.
- Erstens, du holst dir ein Kissen oder ein Handtuch und legst es auf die Stelle, an der der Stoff durchgewetzt ist. Wenn es ein kleines Loch ist, geht das noch ganz gut. Dann holst du dir quasi eine zusätzliche Ressource von außen dazu, die das abfedert, was die andere grad nicht mehr leisten kann. Das kann eine dauerhafte Lösung sein oder eine zeitlich begrenzte. Ein Beispiel dazu: Die Kita streikt, du musst dein Kind zuhause lassen, kannst es aber nicht betreuen, weil du arbeiten musst. Dann kannst du dir als Ressource von außen vielleicht die Großeltern dazu holen, die dein Kind betreuen. Das wäre eine vorübergehende Ressource.
- Zweitens, du flickst das Loch oder nähst ein neues Stück Stoff drauf. Damit kannst du sicherstellen, dass die Hängematte wieder voll funktionsfähig ist. Vielleicht sieht das neue Stück Stoff ein kleines bisschen anders aus. Das ist ok, denn Ressourcen können sich auch verändern. Auch hier ein Beispiel: zu mir kommen immer wieder Elternpaare, die merken, dass sie in ihrer Beziehung feststecken und nicht mehr weiter kommen, was sich auf ihren Alltag in der Familie negativ auswirkt. Die Elternbeziehung ist eine sehr wichtige Ressource, funktioniert in der Form aber gerade nicht mehr. Dann kann es z.B. sein, dass wir an der Kommunikation des Paares arbeiten. Damit bleibt zwar die Beziehung als Ressource erhalten, aber sie verändert sich, sie kriegt ein neues Muster oder eine neue Farbe.
Entscheide selbst.
Für welche Möglichkeit du dich auch immer entscheidest, es ist ok. Denn: Ressourcen sind individuell. Natürlich sprechen wir immer über die gleichen Ressourcen wie Zeit, Kraft etc., aber wie stark sie ausgeprägt sind, wie gut wir auf sie zugreifen können, das ist und bleibt individuell.
Wenn du so willst, jede/jeder liegt in ihrer/seiner eigenen Hängematte mit einer individuellen Kombination aus Mustern und Farben. Die Eine hat noch ein Kissen dabei, der Andere eine Decke. Wo der Stoff der Hängematte durchgewetzt ist oder ein Loch hat, ist immer unterschiedlich – und auch unterschiedlich schlimm.
Deshalb möchte ich dich mit diesem Beitrag ermutigen, auf deine Ressourcen zu schauen bzw. sie Schritt für Schritt besser kennen und nutzen zu lernen. Und zwar besser im Sinne von stimmig. Vielleicht hilft dir da auch ein Satz, den ich gerne mantramäßig zu meinen Klient*innen sage: WAS HILFT, HAT RECHT.
Unsere Ressourcen im Blick zu haben, ist im Übrigen auch ein ziemlich cooler Move, wenn es um das Thema Grenzen geht. Denn dann wechseln wir ganz automatisch von willkürlichen Grenzen zu unseren persönlichen Grenzen. Und die sind nicht verhandelbar, die sind einfach da und völlig ok so, wie sie sind.
Zum Abschluss möchte ich dir ganz konkrete Fragen mitgeben, die du dir jetzt oder in einer ruhigen Minute beantworten kannst. Heute habe ich folgende Fragen für dich:
Wenn du an deine ganz individuellen Ressourcen denkst, worauf kannst du zurückgreifen? Was ist schon da, wenn du dich in deine Hängematte legst?
Vielleicht magst du dir ein paar Gedanken dazu aufschreiben. Ich wünsche dir jedenfalls spannende Erkenntnisse und freue mich, wenn du sie mit mir teilst.
Bleibt rosa.
Eure Ramona